Offener Brief zu Tagebau-Abständen
wir richten uns an die Landesregierung
Sehr geehrte Frau Neubaur,
Sehr geehrte Landesregierung von Nordrhein-Westfalen,
355 Meter. Das ist alles, was die Abbaugrenze des Tagebaus Garzweiler noch von den ersten Häusern Keyenbergs trennt. Wenn Anwohnende in diesen Tagen aus dem Fenster blicken, ist der Kohlebagger so nah wie nie zuvor. Damit verstößt RWE gegen geltendes Recht. Denn dass der Tagebau mindestens 400 Meter Abstand zu den geretteten Dörfern hält, war elementarer Bestandteil der politischen Vereinbarung mit dem Konzern vom Oktober 2022. Erst vor wenigen Wochen haben Sie dies auch in der Leitentscheidung verbindlich festgeschrieben. Daran gehalten wurde sich jedoch nicht.
Diesen Rechtsbruch haben wir als Bündnis bereits in den vergangenen Wochen skandalisiert. In der Öffentlichkeit haben Sie und RWE die Vorwürfe jedoch zurückgewiesen und behauptet, die Unterschreitung des festgelegten Abstands sei schon vor der gemeinsamen Vereinbarung erfolgt. Das stimmt aber nur im Osten des Dorfes. Auch südlich von Keyenberg hat sich der Bagger in den letzten Wochen bis auf 368 m an den Ort herangefressen. Die Ziehung des Walls als Tagebaugrenze lässt befürchten, dass sich der Bagger sogar noch auf bis zu 258m nähert.
Im Vorfeld der Leitentscheidung hatten Anwohnende und Klimabewegung immer wieder bemängelt, dass eine exakte Umsetzung des RWE-Deals die Klimaziele verunmöglicht. Für Sie stand die Vertragstreue gegenüber RWE jedoch im Vordergrund. Nun sieht es so aus, als hätte der Konzern genau diesen Vertrag einseitig gebrochen.
Damit zeigt sich erneut, was wir Menschen in den Tagebauregion schon lange wissen: RWE ist nicht zu trauen! Für den Konzern steht nach wie vor der Profit an erster Stelle – egal, welche Schäden für Mensch und Natur entstehen. Als Landesregierung und zuständige Ministerin ist es Ihre Verantwortung, dem Bagger Einhalt zu gebieten und den Rechtsbruch durch RWE nicht zu dulden!
Denn es sind keine unbewohnten Häuser, denen sich die Bagger nähern, sondern Orte, an denen Menschen leben und bleiben wollen. Dass der Tagebau nun immer näher an unsere Häuser heranrückt, macht uns große Sorgen! Welche Folgen mangelnde Standsicherheit haben kann, haben wir im Sommer 2021 in Erftstadt gesehen, wo bei Starkregen mehrere Gebäude in die Kiesgrube gerissen wurden.
Wir fordern deswegen:
Sofortiger Stopp des Baggers vor Keyenberg! Auch die Abstände zu den anderen Dörfern müssen eingehalten werden.
Sicherung der Abbruchkante! Es braucht eine umgehende Begrünung, durch z.B. die schnell wachsenden ‚Paulownien‘.
Die Menschen in den Dörfern haben schon viel zu viel durch die Tagebaue verloren und viel zu lange um den Erhalt ihrer Heimat gebangt. Zumindest dafür sollte es jetzt endlich Sicherheit geben.
Mit freundlichen Grüßen,
Alle Dörfer Bleiben
Presseanfragen an:
info@alle-doerfer-bleiben.de